Vicus

Schematisierte Darstellung des vicus iuliacum im 1.–3. Jh. n. Chr. Umzeichnung nach Tholen (1975)
Römischer Mahlstein, der zur Markierung einer Vicus-Grenze diente und mit der Inschrift Fines Vici („Grenze des Vicus“) versehen wurde[1]

Ein vicus (Plural: vici) war eine Siedlung mit kleinstädtischem Charakter in den nördlichen Provinzen des Römischen Reichs. Der wirtschaftliche Schwerpunkt solcher Siedlungen lag in gewerblicher Produktion, Handwerk, Handel und Dienstleistungen. Die Bezeichnung war unabhängig von der Siedlungsgröße; je nach Funktion reichte ihre Größe von einer kleinen Straßensiedlung bis zur Ausdehnung zeitgenössischer Städte.

Sprachlich lässt sich der Begriff vicus auf den indogermanischen Ausdruck weik zurückführen, der in seiner Grundbedeutung wohl für Haus steht. Schlägt man vicus im Wörterbuch nach, werden häufig die Übersetzungen Hof, (Land-)Flecken, Stadtteil oder Gasse angegeben.[2] So muss das Wort eine Bezeichnung für Stadtteile Roms gewesen sein und mit der Ausdehnung des römischen Territoriums wurde es zur Bezeichnung eines außerhalb der Stadt liegenden Stadtteils, also einer kleinen Satellitenstadt.

Die Forschung definiert einen vicus weder sprachlich noch juristisch, sie stützt sich vielmehr auf eine Abgrenzung von anderen, bekannten Siedlungsformen. So wird häufig als vicus bezeichnet, was weder eindeutig municipium oder Colonia noch villa rustica ist.[3] Diese sehr offene Definition wird ergänzt durch die Zuordnung nach bestimmten Charakteristika wie etwa bauplanerische Struktur, öffentliche Gebäude oder Funktion. 

Römische vici besaßen keine eigene Verwaltung, keinen Rechtsstatus und waren der Gebietskörperschaft einer civitas zugeordnet. Manche vici erreichten aber selbst den Status eines civitas-Hauptortes (z. B. Nida-Heddernheim oder Pforzheim). Nicht alle verfügten über öffentliche Bauwerke, wie Thermen oder Tempel. Einige Standorte der vici konnten anhand der tabula peutingeriana und des itinerarium antonini geortet werden.

Isidor von Sevilla bezeichnete vici als Ansiedlungen, „die nicht durch den Rang einer Stadtgemeinde ausgezeichnet sind, sondern von einem gewöhnlichen Zusammenschluss von Menschen bewohnt werden und wegen ihrer Winzigkeit größeren Gemeinwesen zugeordnet sind.“[4]

Der Begriff vicus kann auch ein Stadtteil/Viertel in einem größeren Ort bezeichnen.[5]

  1. CIL XIII, 8695
  2. Hermann Fetz, Christine Meyer-Freuler, Jasmin Gerig: Der Vicus Sursee. Eine römische Kleinstadt zwischen Mittelland und Alpen. Verlag Surseer Schriften, Sursee 2003, ISBN 3-9520856-5-0.
  3. Bernhard A. Greiner: Die Kastellvici am vorderen Limes - Wohnen am Rand des Imperiums. In: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg (Hrsg.): Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1945-1.
  4. Tilmann Bechert: Germania Inferior. Eine Provinz an der Nordgrenze des Römischen Reiches. Zabern, Mainz 2007, S. 51.
  5. Albert William van Buren: Vicus. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VIII A,2, Stuttgart 1958, Sp. 2090–2094.

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